Herzlich Willkommen

Hallo zusammen,
hier ist er nun, der STÜBA-Blog. Wir nehmen euch mit auf unsere Reise.

Es wird für uns überwältigend intensiv. Musikalische Glanzleistungen wechseln sich mit spassig, emotional und packenden Momenten ab...
und nebenbei entsteht auch noch der Dokumentarfilm "TRI.sonanz" über die Menschen in Bosnien und unsere Tour.


Montag, 19. September 2011

Freitag, 16.09.2011 – You Say Goodbye And I Say Hello

Kaum in Mostar angekommen, hieß es schon wieder Abschied nehmen. Die Zeit verfliegt hier so schnell, dass man völlig den Überblick verliert, wie lange man schon an einem Ort verweilt, geschweige denn, welcher Tag gerade ist. Hätten wir nicht den ausgedruckten Plan, der uns – mit Tag und Datum versehen – ab und zu daran erinnert, was bereits hinter uns liegt, wir wären ohne jegliche Orientierung. Aber die Fahrt geht weiter und anstatt traurig zurück zu blicken, sind wir vielmehr gespannt auf die Orte, Menschen und Situationen, die noch vor uns liegen.

Sarajevo! hieß laut Plan die nächste Station unserer Reise – eine Art Basislager, von wo aus wir in den folgenden drei Tagen drei Orte für Konzerte anfahren werden: Travnik, Goražde und Sarajevo selbst. Auf der einen Seite bedeutet das, jeden Tag Busfahrt (und ich schrieb ja im letzten Blogeintrag, was das in Kombination mit viel Essen bedeutet), auf der anderen Seite kommt damit nun wieder – ähnlich wie in Deutschland – eine anstrengende Zeit auf uns zu. Denn drei Konzerte an drei Tagen kosten Kraft und Konzentration. Doch noch gut erholt und beglückt von den Tagen und dem Konzert in Mostar fuhren wir träumend durch die Gegend. Die Strecke nach Sarajevo führt über Jablanica fast zur Hälfte entlang der Neretva. Gemeinsam mit dem Fluss bahnten wir uns also den Weg durch die Täler, stets begleitet von den hoch aufschießenden Gebirgsketten (denn ohne Berg kein Tal), die in Zentralbosnien – im Gegensatz zur Herzegowina – dichter bewaldet sind. Vereinzelt standen Häuserruinen an den Hängen dieser wundervollen Landschaft, zerstört und verlassen, als Zeugnis ehemaliger Besiedelung.

In der Hauptstadt angekommen, wurde es dann hektischer. Auch Sarajevo ist umringt von Gebirge, viele Straßen aus dem Zentrum heraus führen direkt steil hinauf auf die Hänge. Unsere Unterkunft, das Studentenwohnheim Sarajevos, liegt dabei im Nordosten oberhalb der Stadt. Als wir mit den Bussen die kleinen Straßen hinauffuhren, merkten wir schnell, dass es unmöglich war, direkt an der Jugendherberge zu parken, um Koffer und Instrumente auszuräumen, ohne den Verkehr zu stören oder gänzlich zum Erliegen zu bringen. Zudem musste noch ein sicherer Ort gefunden werden, wo die Busse über Nacht stehen konnten. Also ging es nach kurzer Absprache über Funk wieder zurück in die Stadt. Auf dem Parkplatz vor dem ehemaligen olympischen Stadion von 1984 schien genug Platz zu sein, um die Busse zumindest kurz abzustellen und in Ruhe eine Lösung zu finden. Natürlich war der Parkplatz mit Barrieren so eng abgezäunt, dass die Busse nirgends drauffahren konnten. Also stellten wir uns so weit wie möglich an den Rand der Straße und einigten uns soweit, dass wir zumindest in die Nähe des Studentenwohnheims fahren, um die Busse dort an einer breiteren Stelle bis nach dem Mittagessen stehen zu lassen. Rucksäcke und Kontrabässe wurden gleich mit hochgenommen, während das restliche Gepäck und die Instrumente für die kurze Zeit in den bewachten Bussen verweilten. Nach dem Mittagessen wurden vor allem die Koffer ausgeladen, die Instrumente gingen mitsamt der Busse und eines Wohnmobils auf die Suche nach einem Standplatz. Es kostete viel Zeit und Geld, die Busse letztendlich auf einen bewachten Parkplatz direkt vor der deutschen Botschaft stellen zu dürfen, doch das war es uns wert. Denn während nun insbesondere die wetterempfindlichen Instrumente wie Celli, Violinen und Violas noch ins Wohnmobil umgeladen wurden, verblieben Blech und Holz sowie die großen Pauken und Trommeln über Nacht in den Bussen. Und das wäre im Falle eines Falles um einiges teurer als die Gebühr für den Parkplatz.

Am Abend liefen die meisten zu Fuß in die Stadt, denn 19:00Uhr wollten wir uns alle in der Brauerei Pivniča treffen. Und so lernten wir Sarajevo in der Abenddämmerung kennen. Die Stadt besteht zu einem Großteil aus neugebauten Glas- und Betonkratzern sowie vielen alten Punkthochhäusern, die sich entlang der umliegenden Berge in einem schmalen Flur gedrungen und gezwungen aneinander reihen. Das Zentrum ziert eine breite Einkaufs- und Flaniermeile, wie sie auch in westlicheren Metropolen zu finden ist. Kirchen und Moscheen sind rechts und links der Promenade gebaut und unterbrechen zeitweilig die vielen Bars und Geschäfte. Spätestens wenn die Muezzins von den Minaretten zum Gebet rufen, während man in das orientalische Viertel läuft, das sich direkt an die Einkaufsstraße anschließt, entsteht eine wunderbar geheimnisvolle Atmosphäre, die Gänsehaut bereitet. Muslime scheinen allein anhand der Vielzahl an Moscheen die größte Glaubensgemeinschaft der Stadt darzustellen, aber auch Synagogen findet man hier. Auf diese Weise ist Sarajevo ein Beispiel dafür, dass Menschen der drei großen Religionen friedlich nebeneinander leben können.

Das Pivniča ist wohl eines der exquisitesten Gastronomien, in denen wir bisher speisten. Doch um auf Nummer sicher zu gehen, entschieden sich Jens (Trompete) und Fabian (Trompete), für unser Essen eigens eine Sängerin und ihren Pianisten zu buchen, die sie in der Vorbereitung auf die Tour bereits – damals zufällig – im Brauhaus gehört hatten. Wir aßen, während sie spielten und applaudierten, wie es sich für Musiker gehört, die auch die andere Seite kennen, ausgiebig nach jedem Lied. Die Musik, die darauf folgte, verstand es mit ihren weichen, rhythmischen Bässen jedoch besser, uns in Tanzlaune zu bringen und so entschieden wir uns ziemlich bald, nochmal einen Abstecher in die Stadt zu machen. Als wir am Wohnmobil vorbeiliefen, welches unmittelbar in der Straße zur Brauerei geparkt war, stand ein Polizist davor und sah aus, als würde er gerade ein Knöllchen schreiben. Bei näherem Hinsehen jedoch bemerkten wir, dass die Scheibe der Beifahrerseite eingeschlagen war – man hatte bei uns eingebrochen. Bereits während mit Hilfe unserer Dolmetscher die Personalien aufgenommen und der weitere Schriftkram erledigt wurde, überprüften wir, ob etwas im Wohnmobil fehlte. Außer dem grünen Versicherungsschein für das Auto, der in einer schwarzen Tasche gelagert war, deren Form an eine Laptoptasche erinnert, fehlte jedoch zunächst nichts. Alle Wertgegenstände und Bargeld lagerten sicher an anderen Orten. Selbst die Autopapiere hatte Fabian am Mann. Es stellte sich zwar später heraus, dass Lukas‘ (Technik) Laptop gestohlen wurde, der sich zu diesem Zeitpunkt im Wohnmobil befand, aber im Vergleich dazu, was sonst alles dort verstaut wird, war dies ein eher geringer Verlust. Jens fuhr nun gemeinsam mit einem Dolmetscher und den Busfahrern zur Polizei, um alles Weitere dort zu klären, wir liefen etwas bedrückt aber froh, dass die Busse auf einem bewachten Parkplatz stehen, in die Stadt und in eine schnuckelige kleine Bar namens „Golden Fish“. Sie war dekoriert wie ein Ramschladen und zwischen alten Telefonen, Handkameras, Brahms‘ gesamtem Orchesterwerk, zwischen Getränkekarten, die an einem Kabel von den Lampen hingen und einem Goldfisch, der in einem goldverzierten kleinen Glas schwamm, fanden wir inmitten von Flyern und Postern ein Plakat, das unser Konzert am kommenden Montag in Sarajevo bewarb – einfach unglaublich. Wir setzten uns, lauschten der Musik, die ausgefallener und abwechslungsreicher nicht hätte sein können, bewunderten die Toilette, die sogar über eine eigene funktionierende Dusche verfügte (das ist nur eines von tausenden Utensilien, die dort zu finden sind und die es unmöglich machen, weder alles aufzuzählen noch unter 10min für einen Toilettengang zu brauchen, weil man mindestens so lange darin steht und einfach nur staunt) und ließen den Abend gemütlich ausklingen. Für den nächsten Sarajevo-Besuch ein absoluter Geheimtip!

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen